Montag, 10. Dezember 2012

10/24 kraftquelle einsamkeit

nichts kann ohne einsamkeit entstehen.
ich habe mir eine einsamkeit geschaffen,
die niemand ahnt.

pablo picasso




entnommen: www.psychoanalyse-zuerich.ch/Den-Traum-alleine 


Depressionen lähmen Geist und Seele. Es gibt jedoch eine melancholische Gemütsverfassung, die sich produktiv auswirkt. Das zeigt sich besonders deutlich im Schaffen des grossen deutschen Lyrikers, Essayisten und Erzählers Gottfried Benn (1886–1956). Er hat immer wieder betont, dass sein Schaffen sich aus einer existenziellen Einsamkeit und Unbehaustheit nähre. Mit dieser Auffassung ist er nicht allein. Von Pablo Picasso, der gemeinhin als heiterer, ja fast kindlicher Künstler gilt, stammt der Satz: «Nichts kann ohne Einsamkeit entstehen. Ich habe mir eine Einsamkeit geschaffen, die niemand ahnt.» Zahlreiche Philosophen haben geltend gemacht, dass alle Kreativität aus einem Defizit komme. Der Mensch sei ein Mängelwesen. Weil er sich seiner Unvollkommenheit bewusst sei, versuche er, etwas Vollkommenes zu schaffen.
Manfred Papst geht in seinem Vortrag dem komplexen Zusammenhang von Melancholie und Produktivität nach. Woher kommt der schöpferische Impuls? Und wie beschreiben kreative Menschen ihren Zustand vor, während und nach ihrer künstlerischen Arbeit? Geht es um das vollendete Werk? Oder ist der Weg das Ziel?  Gottfried Benns Werke und Briefe. Es wird jedoch in kleinen Diskursen auch ausgeführt, wie Thomas Mann und Franz Kafka ihr Schaffen erlebt und definiert haben. Briefe und Tagebücher der Autoren geben darüber vielfältige, mitunter auch widersprüchliche Auskunft.
Am Ende stellt sich die Frage, ob Melancholie und Einsamkeit vom schöpferischen Menschen überhaupt überwunden werden können und sollen. Anders formuliert: Ist Kreativität nur um den Preis des Unglücklichseins zu haben? Kann ein mit sich und der Welt zufriedener Mensch künstlerisch etwas zustande bringen? Oder ist alle Kunst ein Pakt mit dem Teufel? 







Pablo Picasso (1881-1973) über Picasso
"Was glauben Sie denn, ist ein Künstler? Ein Schwachsinniger, der nur Augen hat, wenn er Maler ist, nur Ohren, wenn er Musiker ist, gar nur eine Lyra für alle Lagen des Herzens, wenn er Dichter ist, oder gar nur Muskeln, wenn er Bauer ist? Ganz im Gegenteil! Er ist gleichzeitig ein politisches Wesen, das ständig im Bewusstsein der zerstörerischen, brennenden oder beglückenden Weltereignisse lebt und sich ganz und gar nach ihrem Bilde formt. Wie könnte man kein Interesse an den anderen Menschen nehmen und sich in elfenbeinerner Gleichgültigkeit von einem Leben absondern, das einem so überreich entgegengebracht wird? Nein, die Malerei ist nicht erfunden, um Wohnungen auszuschmücken. Sie ist eine Waffe zum Angriff und zur Verteidigung gegen den Feind.“
“Nichts kann ohne Einsamkeit entstehen. Ich habe mir eine Einsamkeit geschaffen, die niemand ahnt. Es ist schwer heute allein zu sein, weil es Uhren gibt. Haben Sie je einen Heiligen mit Uhr gesehen? Ich habe keinen finden können, selbst unter jenen Heiligen nicht die als Schutzpatrone der Uhrmacher gelten."
"Ich sage es mit Stolz, ich habe die Malerei nie als eine Kunst der puren Unterhaltung und Zerstreuung betrachtet. Ich wollte mittels der Zeichnung und der Farbe, da sie nun einmal meine Waffen waren, immer tiefer in die Kenntnis der Welt und die Menschen eindringen, damit diese Kenntnis uns alle mit jedem Tag freier mache... Ja, ich bin mir bewusst, dass ich mit meiner Malerei wie ein wahrer Revolutionär gekämpft habe...."
"Der Künstler ist wie ein Sammelbecken von Empfindungen, die von überallher kommen: vom Himmel, von der Erde, von einem Fetzen Papier, von einer vorübereilenden Figur oder einem Spinnweb. Deshalb dürfen wir keinen Unterschied machen. Wo es um Dinge geht, gibt es keine Klassenunterschiede. Wir müssen uns das, was für unsere Arbeit gut ist, aussuchen, und zwar überall, nur nicht in unserer eigenen Arbeit. Es graust mir davor, mich selbst zu kopieren....."
"Ich bin kein Pessimist, ich verabscheue die Kunst nicht, denn ich könnte nicht leben, ohne ihr nicht alle meine Zeit zu widmen. Ich liebe sie als meinen einzigen Lebenszweck. Alles, was ich im Zusammenhang mit der Kunst tue, bereitet mir die größte Freude. Doch deshalb sehe ich noch lange nicht ein, weshalb alle Welt sich die Kunst vornimmt, ihr die Beglaubigungsschreiben abverlangt und ihrer eigenen Dummheit in bezug auf dies Thema freien Lauf läßt. Museen sind nichts weiter als ein Haufen Lügen, und die Leute, die aus der Kunst ein Geschäft machen, sind meistens Betrüger."
"Von allem – Hunger, Elend, Unverständnis des Publikums – ist der Ruhm bei weitem das Schlimmste. Damit züchtigt Gott den Künstler. Es ist traurig. Es ist wahr.
Erfolg ist etwas sehr Wichtiges! Man hat oft gesagt, dass der Künstler für sich selbst, sozusagen 'aus Liebe zur Kunst' arbeiten und den Erfolg verachten soll. Das ist falsch! Ein Künstler braucht Erfolg. Und nicht nur, um davon zu leben, sondern vor allem, um sein Werk schaffen zu können. Sogar ein reicher Mann braucht Erfolg. Nur wenige Leute verstehen etwas von Kunst, und Gefühl für Malerei ist nicht allen gegeben. Die meisten beurteilen Kunst nach dem Erfolg. Warum also den Erfolg den 'Erfolgsmalern'überlassen? Jede Generation hat die ihren. Aber wo steht geschrieben, dass der Erfolg immer nur denen gehören soll, die dem Publikum schmeicheln? ......"
"Was gibt es Gefährlicheres, als verstanden zu werden? Um so mehr, als es das gar nicht gibt. Immer wird man verkehrt verstanden. Man glaubt, man sei nicht einsam. Und in Wirklichkeit ist man es um so mehr."
"Man spricht immer vom Naturalismus als Gegensatz zur modernen Malerei. Ich möchte wohl wissen, ob irgendjemand schon einmal ein natürliches Kunstwerk gesehen hat. Natur und Kunst sind verschiedene Dinge, können also nicht das gleiche sein. Durch die Kunst drücken wir unsere Vorstellungen von dem aus, was Natur nicht ist."


aus: Wort und Bekenntnis, Verlag Arche , Zürich und Picasso sagt... , Verlag Kurt Desch, München - von Hélène Parmelin in:
Picasso von Ingo F. Walther, Benedikt Taschen Verlag 1992, S.10,16,18,26,53,70,75

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